SONDERBERICHT: "Obdachlosigkeit in der Pandemie – MTVD hilft"

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Als Handballspieler*in ist man Teil einer Mannschaft mit einem gemeinsamen Ziel. Sportartgemäß trifft man sich dazu normalerweise in der Sporthalle, mit Handschlag vor Training oder Spiel, Harz am Ball, intensivem Körperkontakt und einer abschließenden Dusche. Durch das Fehlen derart gemeinschaftlicher Erlebnisse verliert sich in der aktuellen Pandemie zwangsläufig das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb einer Mannschaft. Fernab vom Hallendach über dem Kopf wird die Saisonperspektive ins heimische Wohnzimmer verschoben.

Von dort aus, durch eine Kamera in die angestrengten Gesichter der Mitspieler*innen blickend, verkommt der allwöchentliche Sport nach und nach scheinbar zu einem hohlen Ritual. Und trotzdem: worüber kann man sich hier eigentlich ernsthaft beschweren? Es gibt Menschen in unserer Gesellschaft, die derlei Dinge, die wir momentan so vermissen, schlichtweg nicht erleben: Zugehörigkeit, Perspektiven, ein Dach über dem Kopf. Obdachlosigkeit - in Zeiten der Pandemie ein großes Problem und aktueller denn je, auch wenn man ihr zurzeit höchstens beim Gang zum Supermarkt begegnet. Während sich ein Großteil der Bevölkerung in die eigenen vier Wände zurückziehen kann, leben bedürftige Frauen und Männer weiterhin auf den Straßen Kiels. Bekanntlich geht dieses Leben nicht selten mit allgemeinen, gesundheitlichen Problemen einher. Ein Großteil von Ihnen ist momentan nicht nur den Witterungsbedingungen, sondern auch möglichen Infektionsgefahren nahezu schutzlos ausgeliefert. Mehr noch, in Zeiten von "Abstand halten" und "Maske tragen" nimmt nicht nur die räumliche, sondern offenbar auch die zwischenmenschliche Distanz zu. Von Miteinander und Teamgeist ganz zu schweigen.

Trotz des räumlichen Abstands zueinander hat sich die Erste Herren des MTV Dänischenhagen mit kleinen, internen Wettkämpfen über die Wintermonate fit halten wollen. Im Monat Januar stand eine Lauf-Challenge an, bei der alle Mitspieler, deren Leistung unter der des Trainer blieb, schlussendlich eine Aufgabe erhalten sollten.

Was die Mannschaft im Kollektiv unternehmen könnte, um das Zusammengehörigkeitsgefühl sinnvoll zu stärken, bestimmte die entsprechende Aufgabensuche. Die Idee, Bedürftigen unter die Arme zu greifen, ein Gefühl der gesellschaftlichen Zugehörigkeit zu schaffen und zwischenmenschliche Distanz aufzulösen, traf auf uneingeschränkte Zustimmung innerhalb der Mannschaft. Und so sammelte das Team intern Spenden, um sie in Form von Essen, Trinken und warmer Kleidung in allen Stadtteilen Kiels zu verteilen. Unter Beachtung der Hygiene-Gebote fanden die Spenden glückliche und dankbare Abnehmer*innen. Viele nette und herzliche Gespräche entwickelten sich dabei. Und dank der federführenden Organisation von Mannschaftskapitän Joni Waldeck und Vincent Kowalski und mit freundlicher Hilfe des Castellos lief die Aktion wie am Schnürchen.

Nein, durch die Pandemie muss sich das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Mannschaft nicht zwangsläufig verlieren. Und ebenso wenig muss sich der Zusammenhalt innerhalb unserer Gesellschaft durch die aktuellen Einschränkungen zwangsläufig auflösen. Jeder kann in dieser Zeit etwas Gutes tun. Ein Blick in den Kleiderschrank gibt vielleicht ein Kleidungsstück preis, das einem Menschen die nötige Wärme geben kann. Ein Blick in die Kommode offenbart vielleicht die ein oder andere Münze, die einer bedürftigen Person helfen kann. Und ein Blick in die Augen der Mitmenschen schafft vielleicht einen Moment der Zugehörigkeit.

Eure ERSTE HERREN (sb)

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